DSP Powerhouse – Musikwiedergabe auf neuem Höchstniveau
Mit Einführung der CD und des CD-Spielers 1983 begann das Zeitalter der digitalen Audiotechnik. Doch alles spielte sich innerhalb des geschlossenen Ökosystems Musikträger-Abspielgerät ab. Drumherum blieb alles beim alten, blieb alles analog. Der CD-Spieler war das einzige High-Tech Gerät im Haus, bis Computer und Smartphones sich breit machten. Noch lange verharrte die Audioindustrie in der alten CD-Struktur, bis Apples iPod und iTunes Music Store die Säulen der HiFi Branche zu untergraben begannen. Heute nistet sich die Computertechnik in nahezu allen HiFi Gerätekategorien ein, bis hin zum Lautsprecher. Die Miniaturisierung und die enorme Rechenleistung heutiger Mikrochips ermöglichen Anwendungen und eine Signalpräzision, die vor Jahren undenkbar waren. Das Stichwort heisst DSP: Digital Signal Processing.
Digitale Signalverarbeitung erfüllt heute auf jeder Stufe der Musikaufnahme- und Wiedergabekette wertvolle Dienste. Das beeindruckende Spektrum an Werkzeugen und Hilfsmitteln ermöglicht immer genauere Klangbilder in den Wohnraum zu zaubern – wenn diese Werkzeuge sinnvoll eingesetzt werden. Ziel ist, eine möglichst genaue Kopie des Originals zu haben. Wie kommt eine realistische, dem Original sehr nahe Musikdarbietung zu Hause zustande? Hier die für einige Leser provokante These: so früh wie möglich digitalisieren und so spät wie möglich in die analoge Domäne zurückwandeln. Es ist klar: wir hören analog und auch unsere Instrumente produzieren, abgesehen von Synthesizern, E-Pianos & Co, analoge Druckluftschwankungen, welche die Mikrofone in analoge elektrische Signale umformen. Die Grafik unten zeigt die Aufnahme- und Wiedergabekette: vorne spielt Jemand ein Instrument und am Ende erklingt die Aufnahme im Heim über die Lautsprecher. Vor dem Mikrofon und nach dem Lautsprecher schwingen Luftmoleküle, bewegen die Luftdruckschwankungen unser Trommelfell – das dazwischen ist Audiotechnik.
Welches sind nun die heiklen Stufen in diesem Techniksystem? Die Reihenfolge, beginnend mit der fragilsten Stufe:
- Mikrofon und Lautsprecher
- Analog-Digital Wandler und Digital-Analog Wandler (A/D-D/A-Wandlung)
- Im digitalen Format gespeicherte Information (Musik in unserem Fall)
Audiotechnik Blockschema. Übrigens, die in der digitalen Sektion dargestellte Wellenform als Abtastsample (links unten, ADC) und die treppenförmige Abbildung der Rekonstruktionsstufe (rechts unten, DAC) werden oft missverstanden „es hat Löcher und Treppen im digitalen Signal“. Dass diese Annahme falsch ist, können Sie im Blog Digital Basics: vergessen Sie Treppen und Löcher zwischen den Samples nachlesen.
Mikrofon und Lautsprecher sind das entscheidende Element
Mich erstaunt immer wieder, wie Leute über technische Elemente heftig diskutieren, die das Zünglein an der Waage spielen, aber die Gewichte in den Waagschalen nicht beachten. Steht das Mikrofon an der falschen Position im Aufnahmeraum, ist eine Aufnahme von Beginn an nicht die Bestmögliche. Sind die Lautsprecher im Raum nicht perfekt aufgestellt, unter Beachtung von Geometrie und Raumakustik, dann kann sich die beste Aufnahme nicht in ihrer vollen Qualität entfalten. Stimmt die Ausganslage nicht (richtige Mikrofon- und Lautsprecher Positionierung), dann können auch unsere smarten DSP Rechner nur noch begrenzt Abhilfe schaffen. Am Anfang und am Ende der Kette befinden sich die heikelsten Elemente des Systems.
Warum digitalisieren?
Machen wir zu Beginn ein Gedankenspiel, das uns die grundlegenden Unterscheide zwischen analogen und digitalen Systemen näher bringen soll.
Eine Linie von 19.5 cm Länge soll schrittweise kopiert werden. Mit Massstab und Zeichenstift wird jede „analoge“ Kopie von der Vorherigen leicht abweichen, Fehler kumulieren sich mit jedem Schritt. Kopieren wir die Linie indem wir sie ausmessen und als Zahlenwert weitergeben, wird am Ende der Kette der gleiche numerische Wert rauskommen, egal in welcher Schrift die Zahlen aufgeschrieben werden. Fehler im digitalen Modell entstehen primär auf der ersten (Ausmessen der Line) und letzten Stufe (Zeichnen der Linie), d.h. bei der A/D- und D/A-Wandlung. Die Daten im digitalen Format sind sehr robust. Auch Jitter spielt keine Rolle. Die Datengenauigkeit ist gegeben, solange keine D/A-Wandlung oder eine signifikante Umrechnung der Daten erfolgt. Wäre diese hohe Datenintegrität nicht gegeben, hätten wir im IT-Alltag dauernd Probleme mit fehlerhaften Excel-Berechnungen, vertauschten Buchstaben in einem Word Dokument und falsche Beträge bei Geldüberweisungen.
Das Tor steht offen!
Mit den numerischen Daten können nun Berechnungen angestellt werden, mit denen sich unterschiedlichste Signalveränderungen respektive Signalmanipulationen mit hoher Genauigkeit durchführen lassen. DSP Bausteine sind eigentlich Computer, die fest zugewiesene Funktionen ausführen. In der heutigen Audiowelt finden sich DSP Chips in allen möglichen Gerätegattungen. Schrittweise stossen sie auch in Lautsprecher vor. Wir finden sie bei Lautsprechern vor allem in Kleinsystemen, in New Media Produkten, wie dem Zeppelin Wireless und PC-Monitoren. Weitere Beispiele über die Möglichkeiten moderner Audiotechnik: Der aufwändige Weg zu einem guten authentischen Remastering, Verdorbene Sache? Wie man bessere Klang-qualität einem mythischen Sound opfert
Interessante DSP Anwendungen finden wir auch in modernen Vorverstärkern wie dem Classé CP-800. Bis vor wenigen Jahren war ein High-End-Vorverstärker rein analog. Puristisch aufgebaut, ohne irgendwelche Zusatzfunktionen. Nur Quellenumschaltung, Vorverstärkung und Lautstärkeregelung – ja, und noch eine Infrarot-Fernbedienung. Das war’s und es konnte gut klingen, sogar sehr gut. Nur das ist Schnee von gestern. Ein moderner DSP basierter Vorverstärker wächst über seine analogen Vorfahren hinaus – klanglich und funktional. Da wir heute ausser der Vinyl-Schallplatte und dem UKW Radio keine anderen analogen Quellen mehr verkaufen, muss unser Vorverstärker mit unterschiedlichsten digitalen Quellen zurechtkommen: CD-Spieler, Smart Phone, Streamer, Music Server, Internet-Radio, usw. Ein Vorverstärker ist nun auch ein D/A-Wandler der diverse HD-Formate verarbeitet. Die digitalen Daten kann er optimieren und beeinflussen und so für Klangverbesserungen sorgen. Dank DSP sind die einst verpönten Klangregler zurück. Die groben Regler der früheren Jahre arbeiteten ungenau und machten sich klanglich negativ bemerkbar – selbst in der Nullposition konnten die passiven Filterelemente das Musiksignal ungewollt beeinflussen.
DSP: rechnen ohne Nebenwirkungen
In der digitalen Domäne sind Klangregelungen reine Rechenoperationen, punktgenau und mit minimalsten Nebenwirkungen. Ein digitales Filter kann bis zu einem Faktor 1000 genauer arbeiten als ein analoges Regelwerk. Im CP-800 schlummert noch eine weitere mächtige DSP-Funktion: ein Parametrischer Equalizer mit neun frei programmierbaren Bändern, getrennt für jeden Audio-Kanal. Damit lässt sich eine elektronische Raumkorrektur realisieren. Ein wertvolles Werkzeug, welches aus Unkenntnis über Anwendung und Wirkung oft ungenutzt vor sich hin schlummert.
Jeder Hörraum hat mehr oder weniger ausgeprägte akustische Problemzonen. Die gravierendsten können mit DSP-Raumkorrektur angegangen werden. Alle Fehler sollen und dürfen nicht rausgerechnet werden, sonst klingt das Ganze unnatürlich. Bassauslöschungen lassen sich nicht korrigieren, denn jede Korrektur erzeugt wiederum ihre kompensierende Auslöschung. Die vom Fachmann durch Messung ermittelten Problembereiche werden quantifiziert und durch festlegen der Mittenfrequenz, der Regelbreite (Q-Faktor) und dem Korrekturpegel am CP-800 eingestellt, getrennt für den linken und rechten Kanal. Das Resultat ist in den meisten Fällen ein tonal ausgewogeneres Klangspektrum und eine deutliche Zunahme der Ortbarkeit der Instrumente. Sie werden in ihren Umrissen schlanker, präziser abgebildet – vor allem Bassinstrumente -, die sie umgebende Rauminformation ist besser wahrnehmbar (eine entsprechend gute Aufnahme vorausgesetzt!). Das Plus an Wiedergabetreue durch die elektronische Raumkorrektur ist phänomenal und hebt uns auf eine neues Qualitätsplateau.
Aber – ein dickes aber – all dies stellt sich nur ein, wenn zuvor die Lautsprecher akkurat am idealen Standort im Raum positioniert wurden, nach allen Regeln der Kunst. Zeitgenossen die meinen man könnte hier nun nachlässig sein und dann alles im DSP korrigieren, irren – und zwar gewaltig. Dies trifft auch auf die Mikrofonseite zu, wie eingangs erwähnt.
Stimmt die Kette von der Aufnahme bis zum Lautsprecher, dann stellt sich Musikgenuss vom allerfeinsten ein. Dabei ist auf jeder Stufe die notwendige handwerkliche Sorgfalt und Können gefragt. Ich werde in einem nächsten Blog die notwendigen Schritte aufzeigen wie man mit der CP-800 Raumkorrektur ein überzeugendes Resultat erreichen kann.